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Die Netzfrequenz im europäischen Verbundnetz beträgt ca. 50Hz.
Bis Ende 2011 wurde bei einer Frequenz größer oder gleich 50,2Hz, was einem Fehler im Netz gleich kam, ein im Netzparallelbetrieb befindliches BHKW automatisch vom Netz geschaltet. Danach war die Stromeinspeisung bis ca. 10min nach dem Ende des Fehlers unterbrochen.
Das ist so gut wie nie eingetreten. Daher war es auch kein Problem. Nun geht aber die Angst um, dass es eintreten könnte. Und das gar nicht so sehr bei den BHKW-Betreibern, sondern bei den Netzbetreibern.
Warum das so ist, will ich Ihnen kurz darlegen.
Der NAS (früher ENS) ist ein Sicherheitsbauteil, das sich im Schaltschrank vom BHKW oder Photovoltaikanlage befindet. Diese Geräte überwachen das Netz und schalten beim Erreichen bestimmter Abschalt-Kriterien die Erzeugungsanlage vom Netz.
Dabei sind die wichtigsten Kriterien für die Abschaltung die Überfrequenz, die Unterfrequenz sowie Über- und Unterspannung. In diesem Essay geht es nur um die beiden Frequenzkriterien.
Wenn im Netz eine Frequenz gemessen wird, die größer 50,2Hz oder kleiner 47,5Hz ist, wird das BHKW vom Netz genommen.
Die Entscheidung, dass eine Erzeugungsanlage bei einer Überschreitung von 50,2Hz abgeschaltet werden muss, wurde getroffen, als die Anzahl von BHKW und Photovoltaikanlagen gering war.
Mittlerweile sind es jedoch so viele, dass ein nicht unwesentliches Problem entstanden ist. Um das zu verdeutlichen bedarf es eines kleinen Exkurses in die Netzwerktechnik.
Die Frequenz im europäische Verbundnetz ist nicht konstant!
In gewissen Grenzen schon, jedoch sind die Abweichungen so gering, dass sie nur mit geeigneten Messgeräten sichtbar werden. Die sind aber nur deshalb so gering, weil fast permanent in das Geschehen eingegriffen wird. Dabei ist das Ziel, eine möglichst konstante Frequenz von 50,00 Hz zu erreichen.
Der Aufwand dafür ist nicht unerheblich! Um ihn zu verstehen, muss man zuerst wissen, dass sich Energieerzeugung und Energieverbrauch die Waage halten. Bricht aber ein Teilnehmer aus, zum Beispiel weil er gerade diesen Artikel drucken will, steigt der Energiebedarf Ihres Druckers und damit auch der Bedarf im Netz. Das Verhältnis von erzeugter und benötigter Energie ist gestört. Der Zeiger der Waage schlägt aus, und zwar so, dass ein "Untergewicht" an erzeugter Energie angezeigt wird. Auf der Frequenzskala wird eine Frequenz unterhalb von 50,0Hz angezeigt. Das ist jedoch so gering, dass es kaum messbar ist. Wenn aber am Montag um sieben Uhr in der ganzen Republik die Maschinen eingeschaltet werden, wird der Energieverbrauch erheblich steigen und daher die Frequenz messbar sinken. Es muss eingegriffen werden!
Ein Eingriff könnte folgendermaßen aussehen: Neigt sich der Zeiger der Waage zum Beispiel zu einer höheren Bedarf, als gerade erzeugt wird, wird die Energieerzeugung erhöht. Eventuell wird dazu ein schnell reagierendes Gaskraftwerk, das schon, weil unser Verbrauchsverhalten bekannt ist, bereitstand, zugeschaltet, und zusätzliche Energie fließt ins Netz.
Um die erzeugte und verbrauchte Energie in Waage zu halten sind etliche Optionen vorhanden. Wenn der Zeiger der Waage nach Werte oberhalb von 50Hz ausschlägt, können kleinere Kraftwerke abgeschaltet werden oder aber zusätzliche Verbraucher eingeschaltet werden. Zum Beispiel ein Pumpkraftwerk, das Wasser in einen Bergsee pumpt, nämlich so lange bis die Frequenz wieder im Soll ist.
Neigt sich der Zeiger in die andere Richtung, also wird zu wenig Energie erzeugt, wird sofort zusätzliche Energie bereitgestellt. Beispielsweise indem das Wasser aus dem Bergsee wieder abgelassen und durch eine Wasserturbine geleitet wird. Der dann erzeugte Strom wird die Waage wieder ausgleichen. Ist das Ziel erreicht, wird der Wasserfluss gestoppt und damit auch die zusätzlich benötigte Menge an Energie.
An dieser Stelle soll das genügen. Wer mehr zu diesem Thema lesen möchte der kann mit dem Stichwort Netzhaltung auf die Suche gehen.
Das Maß für das Zu- oder Abschalten von Energieerzeugern ist also die Netzfrequenz. Steht sie auf 50,00Hz, ist Energieerzeugung und Verbrauch exakt in der Waage. Innerhalb von 49,98 und 50,02Hz wird nicht reagiert.
Wenn das Netz eine Frequenz von 50,1 Hz hat, dann ist schon etwas im Argen. Es wird viel zu viel Energie erzeugt, oder es sind viel zu viele Verbraucher abgeschaltet worden.
Wenn die Netzfrequenz auf 50,2Hz steigt, werden BHKW und Photovoltaik Anlagen automatisch vom Netz getrennt. Aus dem einfachen Grund, dass zu viel Energie erzeugt wird. Das kann auch nicht beeinflusst werden. Wie oben beschrieben ist es nämlich die Aufgabe jeder einzelne NAS (früher ENS) die ja in jeder Erzeugungsanlage verbaut ist, im Fehlerfall abzuschalten.
Anfangs waren nur wenige Mini-BHKW und Photovoltaikanlagen parallel am Netz. Es ist nun aber so, dass die erwähnten Energie-Erzeugungsanlagen zusammen eine Leistung von ca. 20.000 Megawatt Peak (Stand ca. 2011) haben.
Und das ist systemrelevant, wie wir im Weiteren sehen werden.
Wenn nun bei der Überschreitung von 50,2Hz alle BHKW und Photovoltaikanlagen abgeschaltet werden, obwohl vielleicht nur 500 Megawatt zu viel erzeugt wurden, wird durch das Abschalten genau das Gegenteil erreicht. Es fehlen plötzlich 20.000MW. (Stand ca. 2011)
Die erzeugte Leistung ist schlagartig zu gering, die Frequenz würde dramatisch fallen. Es würden sofort vollautomatisch etliche Maßnahmen zur Netzstützung anlaufen. Alle Pumpkraftwerke würden die Schleusen öffnen und alle anderen Kraftwerke die ebenfalls für eine kurzzeitige Stützung zur Verfügung stehen, würden anlaufen. Aber vermutlich nicht schnell genug. Die vorhin abgeschalteten BHKW und Photovoltaikanlagen müssten nach den Vorgaben 10 min warten bis sie wieder zuschalten dürfen. Die Frequenz würde weiter fallen, unter 47,5Hz.
47,5Hz ist die Grenze bei der alle Kraftwerke im europäischen Verbundnetz abgeschaltet werden. Ein sogenannter Black-Out würde folgen!
Wenn das passiert, würden Sie das sofort merken. Das Licht würde anfangen zu flackern (Stand 2012; Licht durch Glühlampen). Einige wenige Sekunden später würde es vollständig verlöschen!
Gar nichts. Es wird dunkel bleiben!
Das Radio ist aus! Der Fernseher und der Herd auch. Der Kühlschrank. Auch die Heizung! Das Telefon ebenfalls. Ihr Mobiltelefon nicht. Es würde Dank der Akkus noch etliche Stunden laufen. Jedoch ohne Sinn. Die Mobilfunkstation sind ebenfalls abgeschaltet. (Da etliche Mobilfunkstationen Notstromgeneratoren besitzen, läuft es noch einige Zeit weiter. Wer meiner Leser weiß wie lange?)
Nach einer sehr ruhigen Nacht können Sie liegen bleiben. Ihr Chef erwartet Sie nicht wirklich. Eventuell kommt er selbst nicht. Was sollten Sie auch tun, ohne Computer. Eventuell sollten Sie mit dem noch vorhanden Bargeld, so viel Lebensmittel wie möglich kaufen. Aber die Idee haben auch andere.
Dunkel ist eigentlich nicht korrekt. Finster trifft es besser. Denn wenn das wirklich passiert, wird es vermutlich nicht nach einigen Tagen erledigt sein. Es wird zum Ausbruch von Panik kommen.
Sie glauben mir nicht?
Dann lesen sie einmal, was der Bundestag im Jahr 2010 in Auftrag gab.
Gefährdung und Verletzbarkeit moderner Gesellschaften - am Beispiel eines großräumigen und langandauernden Ausfalls der Stromversorgung.
Um an das Dokument zu kommen, müssen Sie den schräg gestellten Text in das Feld einer Suchmaschine kopieren.
(Erst mit der linken Maustaste markieren, dann mit der rechten Maustaste kopieren und in das Feld einer Suchmaschine einfügen.)
Um das zu verhindern wurde eine neue Anwendungsregel geschaffen. Die DIN-AR-N 4105:2011-8, die ab dem 01.01.2012 gültig ist. Für die Hersteller von BHKW ist sie ab dem 01.07.2012 gültig. Das ist unter Umständen der Dringlichkeit der Situation geschuldet. Denn das oben genannte Problem ist durch die Menge der Photovoltaikanlagen entstanden.
Wie oben berichtet, wurden vor dem 01.01.2012 die Energieerzeugungsanlagen einfach abgeschaltet. Nach diesem Datum wird abhängig von der eingesetzten Technik, unterschiedlich reagiert. Es gibt regelbare und nicht regelbare Erzeugungsanlagen.
(Alle Photovoltaikanlagen sind mittlerweile regelbare Erzeugungsanlagen.)
Für die regelbaren Erzeugungsanlagen muss ab einer Frequenz von 50,2Hz, die Erzeugungsleistung zurück genommen werden. (Klar, wegen der zu großen Menge an Energie im Netz. Denken Sie an die "50Hz Waage." )
Und zwar um 40% pro Herz Frequenzanstieg.
Ein Beispiel macht das deutlich. Eingespeist wird mit konstant 10kW. Dann kommt die Überschreitung bei 50,2Hz. Bei 50,3Hz darf nur noch 9,6kW eingespeist werden. Alle 0,1Hz 4% weniger. Bei 51,2Hz 40% weniger also nur noch 6kW.
Aus dem oben Dargestellten ergibt sich nun zusammengefasst, dass bei einer Überschreitung der Frequenz die nicht regelbaren Energieerzeugungsanlagen abgeschaltet werden. Sie werden bei unterschiedlichen Frequenzen abgeschaltet. Dazu muss der Hersteller der nicht regelbaren Energieerzeugungsanlagen dafür sorgen, das eine Gleichverteilung in 0,1Hz Schritten sichergestellt ist. Er muss also alle Frequenzen zwischen 50,2Hz und 51,5Hz einmal vergeben.
Pech hat, wer eine Anlage bekommt, die zu den Fällen gehört, die als erstes abgeschaltet werden. (bei 50,2Hz - 50,5Hz)
Die regelbaren Energieerzeugungsanlagen werden nicht abgeschaltet, sondern reduzieren, wie oben beschrieben, lediglich ihre Einspeiseleistung.
Benachteiligt sind daher die nicht regelbaren BHKW. Denn es ist besser, dass man weniger einspeist, als dass man gar nichts einspeist. Und daher auch nicht heizen kann. Um so mehr, da nicht bekannt ist, wie lange so ein Szenario (siehe oben) dauert.
Hinzu kommt, dass nicht knapp unter 50,2Hz einfach wieder eingeschaltet wird. Auch das Wiedereinschalten unterliegt einem Procedere. Der Hersteller von nicht regelbaren Energieerzeugungsanlagen muss Sorge tragen, dass das Zuschalten nach 1 Minute bis 10 Minuten (Zufallsgenerator) oder später erfolgt.
Ein Zufallsgenerator ist aber aufwendiger als ein einfacher Timer mit 10 Minuten. Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Hersteller von nicht regelbaren Energieerzeugungsanlagen auch am Zufallsgenerator gespart hat, ist in gewisser Weise recht hoch.
Das Problem für die Besitzer einer Anlage mit recht niedrigen Abschaltschwellen (also 50,2Hz - 50,5Hz) wird durch die Forderung, dass der Timer zur Zuschaltung erst starten darf, wenn mindestens 60s nach Unterschreitung von 50,05Hz die Frequenz und die Spannung innerhalb des Erlaubten sind, weiter verschärft. Wer sich heute die schwankende Netzfrequenz ansieht, wird feststellen: Da ist nun ein anderes Problem!
Bei den Netzbetreibern ging die Angst um. Mit der Norm 4105 haben sie dem Markt ein Mittel verabreicht, dass ihnen selbst geholfen hat.
Damit nun nicht Sie die kalten Füße bekommen, ist es entscheidend, ob Ihre Anlage regelbar oder nicht regelbar ist.
Wie Sie sich bereits gedacht haben, sind unsere Anlagen ab sofort mit der Regelung V4 regelbar nach 4105. Damit sind Sie definitiv Länger am Netz und bekommen keine kalten Füße.
Eines noch.
Sollten die Maßnahmen, die durch die DIN-AR-N 4105:2011-8 geschaffen wurden nicht greifen, und ein Black-Out folgen (ein totaler Stromausfall), dann trifft es Sie nicht, wenn Sie entsprechend vorgesorgt haben.
Wählen Sie einfach die Option Notstrombetrieb.
Ganz einfach: Notstrombetrieb